Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2017
Aus 200 Jahren Kreisgeschichte
?Wenn wir auf Ereignisse, Personen und Entwicklungen zurückschauen, stehen wir immer auf dem Boden unserer Zeit, betrachten die Historie durch die Brille von heute. Vieles von dem, was
wir dann sehen, erscheint uns fremd, braucht die jeweiligen Zeitumstände als Handlungshintergrund und -rahmen, um halbwegs verstanden zu werden. Aber mitunter kommt uns auch einiges vertraut vor, erschließen sich Ursachen, erkennen wir Linien,
die bis in unsere Zeit reichen.
Dies gilt auch beim Blick auf die Zeit vor 200 Jahren. Europa hatte umwälzende Veränderungen erlebt. Die alten Reiche und Regime waren
im Sturm der französischen Revolution und der napoleonischen Eroberungen hinweggefegt worden. Als Napoleon seinerseits besiegt worden war und Europa sich anschickte, sich eine neue Ordnung zu geben, schienen die alten Modelle
und Herrschaftsformen wieder Pate zu stehen. Doch bei allen Versuchen, überkommene Strukturen zu restaurieren, gab es doch kein umfassendes Zurück mehr in die alten Zeiten. Die territorialen Verhältnisse änderten sich, aber auch im Denken und Handeln der Menschen ging eine Saat auf, die sich nicht mit dem Hergebrachten zufrieden gab, sondern zu Neuem strebte. Die Sehnsucht nach Einigung, Freiheit und Einheit, zumal in den durch die sprichwörtliche Kleinstaaterei geprägten deutschen Gebieten, und ebenso der Wunsch nach Mitsprache und Mitentscheidung sowie nach Überwindung der sozialen Unterschiede und Grenzen kommen als starke Wirkungskräfte im
19. Jahrhundert auf und bleiben bis in unsere Zeit entscheidende Faktoren des politischen
und gesellschaftlichen Spannungsfeldes.
Im Zuge des Wiener Kongresses 1814/15 übernahm Preußen die Herrschaft am Rhein. Preußen
ist schon lange Geschichte – mit hellen Seiten, aber auch viel Unheil. Aber manches lebt fort,
nicht zuletzt die Strukturen, die seinerzeit grundgelegt wurden. So kam es im April 1816 zur Bildung von Landkreisen in den neuen preußischen Gebieten im Rheinland und in Westfalen.
Es entstanden dabei auch die Kreise Rheinbach, Bonn, Uckerath, Siegburg und Waldbröl –
sie alle sind ganz oder teilweise über verschiedene Veränderungen hinweg im 1969 aus der Taufe gehobenen Rhein-Sieg-Kreis aufgegangen.
Von den durch und durch obrigkeitsstaatlich geprägten Anfängen der Kreisstrukturen in unserem Raum bis zu den demokratisch und rechtsstaatlich verfassten Gebietskörperschaften unserer Tage war es ein weiter Weg, der in der inneren Verfasstheit des Kreises und in seinem
(Selbst-)Verständnis immer auch die politische und gesamtstaatliche Entwicklung widerspiegelt. Einzelne Aspekte dieses Weges werden in diesem Jahrbuch betrachtet. Neben der Bildung
der Kreise zu Beginn des 19. Jahrhunderts steht vor allem die Zeit der Umbrüche und der Veränderungen der Kreisstrukturen in den 1920er- und 1930er-Jahren im Blickpunkt einiger Beiträge.
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